29.05.2012

per rad nach finnland

zur feier von julia's geburtstag sind wir übers wochenende mit dem rad nach finnland gefahren. per rad über die grenze, das hat sogar der visakontrolle ihren schrecken genommen.
 

unser ausgangspunkt: die stadt vyborg, nördlich von petersburg. zweieinhalb stunden dauerte die fahrt dorthin mit der brechend vollen vorortzug, der elektritschka. von einer derartig guten auslastung könnte ein regionalexpress in österreich nur traeumen!

zu dem üblichen kontingent an elektritschka-reisenden, bestehend aus großmuetterchen, die die gaerten ihrer datschen beackern, hatten sich zahllose radtouristInnen mitsamt ihrer gefaehrte gesellt. zu allem überfluss fand an diesem wochende an unserer zieldestination auch noch ein mittelalterfestival statt, von dem ganze herrscharen an nostalgischen zeitgenossInnen mit wallehaar und lederbeutel angezogen wurden. 
sie alle waren bestrebt, den zug mit planabfahrt um 9:27 zu erklimmen und dabei hat man sich wahrhaftig nichts geschenkt! was für ein erlebnis. für mich haette es beinahe bitter geendet, als ich nach einem halbstündigem ringkampf, den ich mit unerbitterlichem laecheln und einem mantramühlenartigen "würden sie mich bitte durchlassen" bestritten habe, beinahe vor dem letzten waggon (dem mit der toilette) gescheitert waere. gefangen auf der luftigen plattform zwischen zwei waggons, wollte mich die murrende menge weder vor- noch zurücklassen!

 teilnehmerInnen des radevents, kurz vor abfahrt  in vyborg.


on the road: nina, der packesel

60 km spaeter und über der finnisch-russischen grenze: anja und julia


imatra, finnland. ein klarer fall von "the grass is actually greener on the other side". der unterschied zu russland ist hier, keine 5 km von der grenze entfernt, wirklich augenscheinlich: bessere straßen, neben denen kein müll liegt, moderne haeuser, alles pickfein, waehrend in svetogorsk, der grenzstadt auf russischer seite, das genaue gegenteil, plus eine von vögeln vollgekackte leninstatue zu finden ist. 
der sich hier aufdraenge vergleich war anlass für viele gespraeche, bei denen ich von meinen freundinnen einiges über das leben in russland mit all seinen unannehmlichkeiten erfahren habe. die gehen von korruption bei der aufnahme auf die uni (!) bis zu nicht ausgezahlten löhnen und minimalen pensionen um die hundertfünzig euro im monat, von denen kein mensch leben kann. wo wir wieder bei den datscha-omas waeren, die am wochenende ihr gemuese züchten.



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25.05.2012

die hochzeit

 also, endlich mal ins theater.

und nicht in irgendeines! das alexandrinskij muss es sein.

dort hat man ein herz für besucherInnen mit kleinen geldbeuteln und dazu einen ausgeprägten sinn für ordnung. unter denen, die auf den schlechten rängen sitzen, werden nach dem zweiten läuten „einladungen“ für die freien plätze im porter verteilt. hat man eine solche ergattert, heißt es die beine in die hand nehmen und die vier stockwerke hinunterstürzen, denn nach dem dritten läuten gibt es keinen einlass mehr. gnadenlos. er ist wirklich groß, dieser ordnungssinn.


 so ein schönes, dickes stück papier, mit genauer platzangabe, unterzeichnet vom administrator des hauses persönlich.

so bin ich um nur wenige kopejken an einen tollen platz gelangt. zur linken die bühne, zur rechten die (unbesetzte) kaiserloge, die der zar bei der uraufführung eben dieses stückes, gogol’s „hochzeit“ 1842 schon während des ersten akts verlassen hat.

 ich bin geblieben, denn mir gefallen gogol’s hang zum absurden, sein spitzer humor und die sozialkritischen anklänge. und natürlich die „poschlost“ seiner figuren. was das ist, lassen wir am besten wladimir nabokov erklären: „bei nochmaligem nachdenken will es mir vorteilhafter erscheinen, dieses fette untier von einem wort englisch als postlust zu transliteriere – was den matten ton des zweiten, unbetonten o besser wiedergibt. das erste o dagegen ist so groß wie der platsch eines in einen schlammigen teich fallenden elefanten und so rund wie der busen einer badeschönheit auf einer deutschen ansichtskarte. englische wörter, die einige, keinesweg aber alle aspekte von postlost ausdrücken, sind beispielsweise: cheap (billig), sham (unecht, falsch), common (gemein), smutty (seimig), pink-and-blue (rosarot und himmelblau, kitschig), high falutin (hochgestochen), in bad taste (geschmacklos).“


der poschlost ebenfalls nicht abgeneigt, lache ich beim nachhausegehen gerne über das brautmodengeschäft, gleich neben dem erotikwäscheladen. vermutlich haben die beiden denselben besitzer; die spezialisierung „frauen verkleiden“ ist ja die gleiche. was wohl gogol dazu gesagt hätte?


23.05.2012

die petersburger und ihre parasiten

ich werte es als zeichen fortgeschrittener integration: mein russisch ist von parasiten befallen!
lauter kleine slowetschki, wörtchen, wie sie alle normalen menschen in die alltagssprache einbauen, also, so, echt, voll, ur, genau…
im russischen gefallen sie mir mit ihren expressiven vokalen noch besser. ein langgezogenes „nuuuuuuu“, mit dem man nachdenkpausen füllt; ein erschöpftes „wooot“ am ende des satzes, um das gesagte noch ein mal zu bestätigen; ein zusammenfassendes „karotsche“ – kurz gesagt; der hinweis „wot tak wot“; sie alle sind in mein russisch eingezogen.
und „tipa“ und „kak by“ eignen sich sozusagen ungefähr so circa überall als  füllwörter. und überhaupt, „wooobsche“!

während ich mich über meine annäherung an die umgangssprache samt ihrem parasitären füllwortbefalls freue, versucht man von offizieller seite her  die epidemie an nichts-sagerchen einzudämmen. in der metro wird auf plakaten dazu aufgerufen, vorsicht walten zu lassen beim gebrauch dieser wörter  (im grunde alle der oben genannten)  und „die russischer literatursprache zu wahren“.

der name der kampagne: „lasst uns sprechen wie petersburger!"
also genau das, was ich hier versuche.

17.05.2012

er ist da!

der sommer!

wer haette es zu glauben gewagt, es gibt ihn doch!

da trifft es sich gut, dass alle semesterarbeiten in psychologie/paedagogik fertig sind. falls ihr euch jemals gefragt habt, was ich hier sonst noch mache, außer katzen auf den pelz zu rücken - ja, ich bin auch zur uni gegangen. aber das ist schon fast geschichte. auf der "filfak" (hierzulande liebt man abkürzungen! gemeint ist die philologische fakultaet) gehen die kurse noch bis ende mai und dann bis ich...frei!

 aber das bin ich auch jetzt schon so gut wie. frei, um mit julia auf unseren roten flitzern die neva entlangzudüsen. leider ist das rad nur geliehen...

frei, um heut auf ein konzert meiner chorkollegin  luisja zu gehen. kommt alle, sagt sie.

und um morgen den altrocker von ddt im "jubileinij" zuzujubeln. und um am samstag auf's skif musikfestival für experimentelle musik zu gehen. und, und, und! 






vor allem aber, um mit neiltschik in der mittagssonne zu braten. in der schwarzen plastiktüte versteckt neil unseren vorrat an "lebendigem bier", das es bei uns um die ecke zu kaufen gibt. taeglich frisches bier aus der brauerei von der vasiljevskij insel, das man in gebrauchte plastikflaschen abgefüllt bekommt. schmeckt doppelt gut.


bruzzeling away in the norther sun, die tatsaechlich viel staerker ist als back home, weswegen ich mir bereits eine dezente krebstönung zugezogen habe. 
aber nach monatelanger uv-abstinenz muss das einfach sein. bei jeder gelegenheit sitze ich nun auf der sonnenzugewandten seite des "theater der jungen zuseher", quasi unser vorgarten. das sah im jaenner noch so aus, brrr, und nun sind die bodennahen fensternischen von früh bis abends mit lichthungrigen menschen besetzt, die sich wie waermebedürftige schmetterlinge an die mauern pressen und ihre weißen gesichter zum himmel halten. 





15.05.2012

cat city, die wievielte

if there was any doubt, that this isn't cat city, i am here to proove it is. it's only been a month and i've already collected enough material to put up a new entry in our most beloved category it's a cats town.

sie gucken aus fenstern
 ....und warten in geschaeften.
 sie stehlen sich um ecken,
machen es sich auf raedern bequem,


 und waermen sich an denkmaelern.
 manchmal besuchen sie auch ihre eigenen.
 denkmal für eine "versuchskatze" (in analogie zum versuchskaninchen) im hof der universitaet. die russen sind ganz groß im denkmaeler aufstellen für die abstrusesten dinge, wahrscheinlich um das vakuum zu füllen, das in den 90ern entstand, als die haelfte der sowjetischen denkmaeler weggepackt wurde. 

  aug in aug mit der gefahr.
ich bleibe weiter dran für euch, verehrte leserinnen und leser.

12.05.2012

tallinn review II

zweiter teil der tallinn review, beach und beton.



 ein überrest der sowjetischen achtziger. heute liegt die betonburg brach, bietet aber noch immer fantastische ausblicke.

würde ich in tallinn leben, das waere mein lieblingsort. stellt euch mal vor, wie man hier im sommer herrlich sitzen kann!


 

ein neuer tag, der himmel blau statt grau. 
am weg nach pirita, tallins no.1 baderessort, gab es noch mehr zeugnisse der jüngeren geschichte estlands zu bewundern.
 teil eines sowjetischen kriegsdenkmals, ganz im stile des oben gezeigten betontempels.

 
 das olympische dorf von 1980, heute eine hotelanlage. ufo gelandet.

mein transportmittel für den ausflug an den strand. endlich wieder radfahren!

 und noch eine ruine aus der nicht so jungen vergangenheit: überreste eines klosters aus dem aus dem 15.jahrhundert. die esten haben die interessante angewohnheit, zerstörte kirchen und klöster einfach stehen zu lassen und nicht mehr aufzubauen, siehe beitrag aus tartu.

 und noch etwas natur für meine großstadtgeplagte seele. selbiger hat der trip ins kleine estland sehr gut getan!


11.05.2012

tallinn review I

some impressions of my weekend in the gorgeous little capital of estonia

   old vs. new skyline

 the main square, pretty, pretty, pretty.

 the old city wall

 everything just like back home in steyr downtown.


my host maria and another couchsurfer from spain, anna.

die estnische flagge. dank  der halterkonstruktion weht sie unabhaengig von wind und wetter. 

estland ist das erste land, dessen patriotismus ich sympathisch finde, weil - verstaendlich. dieses miniland mit nur etwas mehr als einer millionen einwohner wurde erst 1918 zum ersten mal unabhaengig, um bereits 22 jahre spaeter von der sowjetunion, gleich darauf von hitler-deutschland und drei jahre spaeter wiederum von der sowjetunion besetzt zu werden. 1991 wurde die sowjetische okkupation mit der "singenden revolution beendet.

hier der trailer zum gleichnamigen dokufilm, etwas amerikanisch-kitschig, aber den tatsachen entsprechend.

 
 fünf jahrzehnte sowjetischer annektion, deren monumentale überreste im garten des historischen museums gedumped wurden, bzw. als schaurige geister der vergangenheit im keller des okkupationsmuseums hausen.


 montag abends wurde ich zeugin der nach wie vor aktuellen estnischen singfreudigkeit. gefeiert wurde der beginn der studentInnenwoche in tallinn, und zwar mit einem zweistündigen konzert, bei dem saemtliche auf dem platz anwesende inbrünstig estnische lieder in begleitung einer rockband gesungen haben. ich fand das so beeindruckend, dass ich trotz schauriger 5 grad das ganze konzert über geblieben bin, bis es zeit für den nachtbus nach piter wurde.