31.01.2012

von -20° auf +80° und zurück

drei tage in petrozavodsk, eine nachtzug-reise nördlich von petersburg. in karelien, wo der russische winter bei –20 grad auch wirklich als solcher bezeichnet werden darf. hier habe ich vor zwei jahren im sommer olga und alexander kennengelernt, die zwei nettesten menschen der nord-nördlichen hemisphäre, und so traf man sich wieder.

gut eingepackt kann man sich auch in diesem unwirtlichen temperaturbereich noch für ein bis zwei stunden bequem unter freiem himmel bewegen. das soll heißen thermo-skiunterwäsche, schurwollpullover, fließjacke, darüber den alpaca-pullover und omis lammfellmantel, jeweils zwei paar socken und handschuhe, dicke schuheinlagen und moonboots. mangels armbeweglichkeit  hätte ich den schal ohne olgas hilfe gar nicht anlegen können. in dieser montur bin ich dann, mehr breit als lang und rundum gut gedämmt durch die karelischen wälder gewankt.




 nach solchen expeditionen wärmt es sich am besten in der „banja“ auf, der russischen sauna/dampfbad-version. dank alexander, dem ehemaligen marine-offizier der 189ten pazifikflotte und nunmehrigen professionellen banja-betreuer, hat sich mir die ganze freude des schwitzens auf russisch eröffnet.

nachdem die hausgeister mit schwingendem handtuch und der bitte, die guten menschen doch schwitzen zu lassen vertrieben und auch noch gottes segen eingeholt worden war,  konnte die körperliche und geistige auflösung in heißem dampf beginnen. ein vollständiger banja-gang besteht laut alexander michailowitsch aus vier durchgängen.

nadelbaum-, honig- und knoblauchaufguss! der köstliche duft von in heißem wasser aufgeweichten birkenzweigen, die abwechselnd als lagerstätte und schlagwerk verwendet werden. hierzulande wird man von den füßen aufwärts mit ruten aus birkenzweigen geschlagen, um die blutzirkulation anzuregen, die haut zu reinigen und sich ganz insgesamt einer katharsis zu unterziehen. ja, das kann auch weh tun.

das kalte duschen nach jedem durchgang ist obligatorisch. eintauschen lässt sich die dusche nur gegen das eisloch am see. wie ein nacktes, blindes (weil brillenloses) kaninchen wurde ich zur der vereisten leiter geführt, das bereits wieder gefrorene quadrat aufgebrochen, raz, dva, tri, dreimal eintauchen, zu schnell, zu viel adrenalin, um zu realisieren, was passiert. nicht einmal kalt, in meiner erinnerung. alexander, der matrose, navigiert: einatmen durch die nase, drei schritte gehen, ausatmen durch den mund. bei einer birke bleiben wir stehen, umarmen sie dreimal: „mütterchen natur, teil deine kraft“.


 es galt löffelweise honig zu lutschen und süßen fruchttee in kleinen schlückchenen zu trinken. auf alexanders kommando: hände zur seite, handtuch abnehmen, der nächster durchgang. die fußsohlen werden mit einem holzscheit beklopft. dann eine ganzkörper-honigkur. matuschka priroda, mütterchen natur, ich wurde neugeboren!




1 Kommentar:

  1. der see petrozero! hier haben schon peter der große gebadet - und ich.

    AntwortenLöschen