ein beschaulicher freitagabendgruß von mir und meiner russischen liebe gretschka (s. links) aus meiner nunmehr wieder sehr ruhigen küche.
vor einer woche wurde hier noch ganz hervorragend....
getagt
gespeist
gesungen
und getanzt.
nach kurzer regenerierungsphase bin ich back to business as usual. uni, uni und ein ausgiebiger besuch des russischen museums. für inhaberInnen eines inländischen studi-ausweises sind hier sämtliche museen kostenlos zugänglich und so laesst es sich, wann immer es beliebt, durch die ermitage oder einen anderen tempel der schönen künste streunen.
nachtkatzen waren am freitag auch nastja und ich, die wir im nahe gelegenen klub dada alle vorhandenen gliedmaßen unkoordiniert, aber mit begeisterung geschüttelt haben. dabei habe ich endlich die weltberühmten messer chups und noch eine viel bessere vorband gesehen. chri, ich hab an dich gedacht, dem ich die bekanntschaft mit dieser petersburger gruseltruppe verdanke!
abtanzen heißt auf russisch übrigens "отплясывать", wieder ein neues wort gelernt und gleich in die praxis umgesetzt. uff, das hat mal wieder gut getan. danach hat mir einer der dort zahlreich vertretenen altrocker (auf russisch rock'n'roll'tschiki) zu meiner tanzenergie gratuliert, was für eine freude.
die unterhaltung mit den rocknrolltschiki nach dem konzert haben wieder mal gezeigt, dass ich mit meinem russisch so ganz ok über die runden komme, aber sobald slang und "mat" (besonders grobes fluchen) im spiel sind ist es beinahe so, als würden die leute eine andere sprache sprechen. der russische "mat" bezeichnet laut wikipedia "ein eingeschränktes, aber in der Wortbildung sehr produktives, Register der obszönen Lexik der russischen Umgangssprache". das stimmt mit dem überein, was mir hier erklaert wurde; naemlich, dass beim "mat sprechen", ausgehend von ein paar grundworten, an die beliebig prae- und suffixe und sonstige teilchen drangehaengt werden, eine unendich große anzahl von nomen, verben und adjektiven gebildet werden kann. also sehr sprachkreativ, das schimpfen auf russisch.
5 tage gemeinsam mit andi in piter. schön war's! sehr schön sogar. nach langem wieder mal zeit zusammen zu verbringen. und vor allem konnte ich andi all die sachen zeigen, die das leben hier ausmachen, wie eine rasante sonntagsausfahrt in der marschrutka, in der schallend laut russische schlager aus dem radio tönen. definitely one of the things that make life in russia worthwhile!
oder die super konzerte mit einem begeistertem publikum, das sich schon vor konzertbeginn am rande des wahnsinns befindet. am donnerstag waren wir auf einem konzert von gogol bordello. was auf dem foto recht gesittet wirkt, hat tatsächlich eher so ausgesehen.
Ein lautes "молоцы, молоцы!" für gogol bordello in acoustic und live (= "gut gemacht", wortwörtlich "gute jungs, gute jungs!")
mit yulia, silke und andi zu späterer stunde im "teremok", eine pfannkuchen-fastfoodkette. hmm, honigbier!
zu gast bei ira und paula. borschtsch, zakuski und wodka.
und überhaupt konnte ich andi das lecker essen hier schmackhaft machen. im bild: pyschetschki and me
große begeisterung haben auch die überdimensionierten regenrinnen-elefantenrüssel hervorgerufen, die leider häufig opfer ungezügelter aggression von passantInnen werden.
ein regenrinnen-macher on the job. spiderman zu beobachten war jedenfalls das highlight des gesamten aufenthalts. schön war's! von der ankunft bis zum abschied - beide male im chaos des flughafen pulkovo 1.
was für ein wochenende! begonnen hat es eigentlich schon am donnerstag abend, julia und ich auf ein bier oder zwei im loft projekt etagi am ligovskij prospekt. ein sehr schöner, megahipper ort mit ausstellungsräumen, cafe usw. und einer terasse, auf der es sich im sommer bestimmt fein sitzen lässt.
am samstag gab es vom deutsch-russischen austausch eine veranstaltung zur gestaltung von stadtführungen. dazu wurde ein russischer professor eingeladen, der in moskau, petersburg, nyc und rom stadtführungen mit architektur-schwerpunkt namens velonight veranstaltet. das sind ziemliche events sein, bei denen tausende von leuten nachts mit dem rad durch die straßen fahren und per radio infos zu den besuchten orten erhalten.
das logo der velonotte roma - gefällt mir sehr gut!
samstag abend hab auch ich mich noch auf eine nächtliche stadttour begeben. ein neuer bekannter von der uni hat mich auf ein getränk in einer art russischen KFC eingeladen und danach sind wir noch mit seinen freunden durchs nächtliche petersburg zu den wohnhäusern der dichter daniil charms und iossif brodskij spaziert. die majakovskaja uliza entlang, gespräche über literatur. wiedermal hat sich bestätigt, was meine russischprofessorin stets prophezeit hat, nämlich, dass sämtliche russInnen sämtliche gedichte auswendig können, alle bücher gelesen und alle filme gesehen haben. und nichts weniger von ihrem gegenüber erwarten...vor dem haus von daniil charms gab es dann eine spontan-rezitation, das war ganz wunderbar.
am sonntag noch eine interessante veranstaltung: der "3. intellektuelle flohmarkt - worte & sachen" im zentrum für junge forschung. im programm: vorträge zum thema "revolution in der stadt", ein bücherflohmarkt, eine fotoausstellung, ein workshop zu "revolutionärem hand-made", fotoecke mit einer michel-foucault-puppe und der bau einer blockade. das nenne ich eine unterhaltsame heransgehensweise ans thema!
gestern abend noch ein klassisches ballett im rimskij-korsakov konservatorium bei uns um die ecke. gezeigt wurde das stück "giselle". großes, klassisches ballett mit allem, was dazu gehört. was für ein fantastischer kostümschinken!
am samstag waren meine 80er rock'roll helden "bravo" im klub kosmonavt zu sehen. julia rublov, ich hab an dich gedacht - und an deine eltern, denen wir unsere bekanntschaft mit der band verdanken.
es war großartig! die leute waren so beigeistert, dass sie schon vor beginn des konzerts jeden bühnenmitarbeiter mit frenetischem applaus empfangen haben. natürlich mussten die band dann alle großen hits spielen und das publikum hat jedes wort mitgesungen - da habe auch ich keine ausnahme gemacht. alles war dabei, von schnulzigen e-gitarren-solos bis zu funky bläsereinlagen und auch mit der guten alten schweine-terz wurde nicht gespart (ein halbton höher geht noch!). die betagten herrschaften waren erstaunlich frisch unterwegs, der gefürchtete rolling-stones effekt ist ausgeblieben.
auch neil war in höhstem maße angetan von dem uns gebotenen. war sehr fein, wiedermal gemeinsam feiern zu gehen mit dear old neiltschik, nachdem wir uns mit "bliny" (pfannkuchen/palatschinken) gestärkt hatten. das hiesige äquivalent zum würstelstand ist nämlich die bliny-hütte, an der man fettige fladen mit allen denkbaren füllungen bekommt.
außerdem gab es zwei treffen mit der gruppe vom deutsch-russischen austausch. wir haben uns das "puschkinskaja 10"-haus angesehen. ehemals ein besetztes haus, das mittlerweile ein gut etabliertes kulturzentrum ist.
vielleicht ist es noch erwähnenswert, dass sich in dem zentrum auch eine pilgerstätte für beatle-fans befindet, betrieben von einem freundlichen älteren herren, der in seiner räucherstäbchenhöhle eine von john lenon handsignierte platte und andere schätze hütet. von hier aus wird seine mission, in st.petersburg einen john-lenon-tempel "of love and peace" zu errichten, vorangetrieben. davon gibt es bereits ein modell aus ton (schwer zu entdecken in der bildmitte), das er wie zur bekräftigung seines vorhabens immer wieder auf der töpferscheibe rotieren lässt.
beatles gut, alles gut.
gestern sonntag habe ich mich wieder mal zum friseur gewagt, nicht ohne diesmal das nötige vokabular (haupthaar, hinterkopf, locken, koteletten) parat zu halten. ohne auswirkungen auf das resultat, die freundliche, aber entschieden schnippelnde dame hat mir mein krausehaar gnadenlos ausgeföhnt und mir entgegen meiner instruktionen eine frisur verpasst, die sie "im katalog von tony&guy" gesehen hat. ich hätte heulen können (und das hab ich, ehrlich gesagt, auf der straße dann auch), weniger aus eitelkeit, als aus verzweiflung über mein sprachliches unvermögen mit der situation klarzukommen. bin insgesamt etwas deprimiert bin über mein radebrechendes russisch, das sich überhaupt nicht zu verbessern scheint, trotz tandem und vokabeloffensive. an tagen wie gestern hab ich das einfach satt.
freitags waren sveta und ich bei einer performance-nacht, die irgendwie mit der moskauer biennale zu tun hatte, in einem rohbau nähe jauza-fluss/moskva. pretty schräg und freezing cold down in the cellar!
am montag dann bei der moskauer biennale im artplay center. übrigens kuratiert von peter weibel. dafür, dass die ausstellung unter dem unbescheidenen titel "rewriting worlds" lief, waren die meisten arbeiten reichlich formal und inhaltsschwach. dafür umso mehr multimedia- und spielespaß für die besucherInnen. so wie hier bei diesem greifarm-automat, mit dem man sich einen neuen pass angeln konnte.
sveta und ingo beim passfischen
unter den exponaten u.a. zwei zitate auf ilja repin, seines zeichens vertreter des russischen realismus, von kijong zin: "romance in the gulf", 2010
fortsetzung der moskauserie. random impressions of my weekend in moscow.
eines der stalin-hochhäuser, die sogenannten 7 schwestern. dieses ist ist einfach ein wohnhaus an der kotelnitscheskaja uferstraße. architektur wie von einem anderen planeten!
noch eine schwester, die moskauer staatliche universität (MGU). beherbergt auch ein studentInnenwohnheim, so dass man das gelände theoretisch gar nicht verlassen muss, wenn man dort studiert. übrigens gibt es gerüchte, dass sich unter dem gebäude eine geheime ubahn-station befindet. tatsächlich ist die nächste station ein gutes stück entfernt...
die MGU aus der ferne (links am horizont)
russische version des meindl am graben
diese gewöhnliche uni-kantine hat im hintersten eck ein imperiales speisezimmer versteckt.